Freitag, 13. Februar 1981

Konkurrenz zum Kino?

Die Rediffusion AG, Zürich, teilt mit:
Die für die Schweiz neue Idee des Abonnementsfernsehens hat in einzelnen Fällen gewisse Befürchtungen ausgelöst. In kürzlich erschienenen Pressemeldungen sind auch Missverständnisse aufgetreten. Deshalb möchten wir nun die wesentlichen Grundlagen und Zielsetzungen unseres Projekts «Abonnementsfernsehen» im Detail vortragen.

Das Abonnementsfernsehen versucht eine Bedarfslücke zu decken, indem es dem Teilnehmer die Möglichkeit gibt, attraktive Filme zu sehen, deren Genuss ihm bisher aus verschiedensten Gründen vorenthalten war; sei es, dass der Gang ins Kino ihm zu weit oder zu beschwerlich war, sei es, dass er müde von der Arbeit oder mit Rücksicht auf kleine Kinder den Abend zu Hause verbringen will. Die heutige Technik ermöglicht es, auch diesen Teilnehmern heute das zu bringen, was junge ungebundene Bürger in städtischen Kinos jederzeit geniessen können.

Auf den ersten Blick scheint das Abonnementsfernsehen das Kino zu konkurrenzieren, da die anvisierten Bedarfsgruppen sich nicht sauber voneinander trennen lassen. Dem möchten nun die Initianten mit ihrem Projekt vorbeugen, indem sie verschiedene Massnahmen zum Schutz des Kinogewerbes und eine Absprache mit der schweizerischen Filmwirtschaft vorsehen.

Schutzfrist für Kinofilme …

Die Aufführung neuer Kinofilme soll wie bisher den Kinos vorbehalten bleiben. Gemäss Angaben von Filmfachleuten dauert die Erstauswertung von Filmen rund sechs Monate. In den Vereinigten Staaten wird deshalb dem Abonnementsfernsehen (Pay-TV) eine Schutzfrist von in der Regel sechs Monaten eingeräumt. In England, wo demnächst auch erste Versuche mit Abonnementsfernsehen durchgeführt werden sollen, wurde die Schutzfrist gesetzlich auf zwölf Monate festgelegt. Auch für das sicher wegweisende Projekt «TeleClub» auf dem Regionaldrahtfernsehnetz von Zürich und Umgebung muss eine für beide Seiten annehmbare Schutzfrist vorgesehen werden, welche eine Konkurrenzierung der Kinovorführung möglichst ausschliesst.

und Reprisen

Ein ebenfalls zu regelndes Problem bilden die Reprisen. Es besteht der Wunsch, bestimmte gute und publikumswirksame Filme nach einer gewissen Zeit nochmals im Kino aufzuführen. Auch hier soll der Kinomarkt keinesfalls konkurrenziert werden. Wir meinen im Gegenteil, dass die Ausstrahlung durch das Abonnementsfernsehen möglichst anschliessend an die Erstauswertung (unter Berücksichtigung der Schutzfrist) zu erfolgen hat, damit später eine Reprise ohne jede Konkurrenzierung durch das Abonnementsfernsehen erfolgen kann. Hier wäre eine kurze Schutzfrist sogar eher von Vorteil. Eine Reprise kann damit als neue Auswertung eines Filmes betrachtet werden, die von einem grossen Teil der Bevölkerung gewünscht und erwartet wird. Durch mittelfristige Planungsabsprachen mit dem Abonnementsfernsehen kann hier ein zeitliches Zusammentreffen leicht vermieden werden.

Auch hier wird die Unterscheidung nach typischen Kinogängern und typischen Teilnehmern des Abonnementsfernsehens weiterhin bestehen. Die Art einer Präsentation von Filmen in Kinos und der soziale Aspekt des Kinoganges können ohnehin vom Abonnementsfernsehen nicht ersetzt werden.

Förderung des Interesses auch für Schweizer Filme

Die Initianten sehen vor, durch zahlreiche Massnahmen das Interesse an den aktuellen Kinofilmen in der Region zu wecken. Denkbar sind folgende Hilfestellungen, welche mit der Filmwirtschaft noch im einzelnen abgesprochen werden müssen: Hinweise auf Kinos, Theater usw. im Lokalteil der «Teleziitig», Trailers und Präsentation von aktuellen Filmen und Veranstaltungen, Hinweise auf Filme im regelmässig erscheinenden Programmheft für Teilnehmer am Abonnementsfernsehen. Die Initianten sind zudem bestrebt, auch den Schweizer Film einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und ihm damit vermehrt zum Durchbruch zu verhelfen. Der Schweizer Film könnte durch das Abonnementsfernsehen eine neue Zuschauerschaft erreichen, welche selten oder nicht ins Kino geht.

Um eine Konkurrenzierung der Kinobranche durch öffentliche Vorführungen durch Dritte auszuschliessen, sollen öffentliche Vorführungen des Abonnementsfernsehens durch vertragliche Vereinbarungen grundsätzlich ausgeschlossen werden.

Zusammenarbeit mit der schweizerischen Filmwirtschaft

Die Rediffusion AG würde es begrüssen, wenn das geplante Projekt in Zusammenarbeit und unter Wahrung der gegenseitigen Interessen durchgeführt werden könnte. Wir sind der Meinung, dass ein öffentliches Interesse nach dem neuen Dienst besteht. Ein grosser Teil der Bevölkerung kann oder möchte nicht den Weg in die Stadt antreten, um einen interessanten Film zu sehen, und mucs deshalb auf den Kinobesuch verzichten. Es ist deshalb nach einer Lösung zu suchen, welche den berechtigten Wunsch dieses Bevölkerungsteils berücksichtigt, ohne die wirtschaftlichen Interessen der schweizerischen Filmwirtschaft ausser acht zu lassen.